"Comeback der Bewegung - mit Prävention und Gesundheitsbildung"

30. Dezember 2022. 1000 x 1000 Euro hat der Landessportbund Rheinland-Pfalz für Aktionen bereitgestellt, die der Mitgliedergewinnung und der Mitgliederbindung in den Vereinen dienen. Der USC Mainz hat sich an der Aktion "Comeback der Bewegung" von DOSB und LSB unter einem besonderen Gesichtspunkt beteiligt - dem des nachhaltigen, gesundheitsverträglichen Sports, auch des Leistungs- und Spitzensports. Nun hat der LSB  den Aktionsbeitrag des USC zum "Comeback der Bewegung" mit 1000 Euro gefördert. 

Comeback der Bewegung - mit Prävention und Gesundheitsbildung

2022: EM-Titel und große Erfolge unserer Jugendlichen - ein "Comeback der Bewegung" nach Maß

Der USC Mainz e.V. ist ein Verein, in dem Leistungsorientierung eine wichtige Rolle spielt. 2022 war für die Leichtathlet*innen des USC eines der erfolgreichsten Jahre der Vereinsgeschichte. Nicht nur konnte der Club mit Niklas Kaul im Zehnkampf und Julian Weber im Speerwerfen zwei Goldmedaillen bei den Leichtathletik-Europameisterschaften gewinnen. Der Leichtathletik-Nachwuchs imponierte überdies mit zahlreichen Titeln, Medaillen und persönlichen Bestleistungen in noch nie dagewesener Weise sowohl bei Deutschen Einzelmeisterschaften als auch bei den Deutschen Mehrkampfmeisterschaften. Ein „Comeback der Bewegung“ nach Maß. Der Neustart nach dem Höhepunkt der Corona-Krise stand indessen nicht einseitig im Zeichen des sportlichen Erfolgs. Im Focus steht für den Verein gleichberechtigt der gesundheitliche Aspekt des Sporttreibens. Wer sich dem USC Mainz anschließt, der darf darauf vertrauen, dass Prävention und Gesundheitsbildung hier gleichberechtigt mit im Zentrum stehen.

Zur Vereinbarkeit von Leistungssport und Gesundheit (körperlich und psychisch)

Der Sport repräsentiert grundlegende Werte und Ziele unserer Gesellschaft. Er steht für das Streben nach Gesundheit des Einzelnen ebenso wie für sozialen Zusammenhalt oder eine mit ethischen Prinzipien vereinbare, kulturell positiv konnotierte Leistungsorientierung. Sport, zumal in Form des Leistungs- und Hochleistungssports, ist allerdings nicht per se gesund und nachhaltig. Er verfügt über keinen eingebauten Automatismus, der ihn gegen schädliche Einflüsse von außen immunisieren würde, gegen teils auch selbst produzierte Risiken oder unerwünschte Verhaltensweisen seiner Protagonisten wie Medikamentenmissbrauch und Doping.

Ein Zuviel an Leistungsorientierung in Sport und Gesellschaft wird als Ursache für solche Problematiken von Präventionsexperten identifiziert. Nicht nur Doping, auch sexualisierte Gewalt im Sport ist demnach häufig das Ergebnis einer ungebremsten, zweckrationalen Leistungsorientierung. Diese führe zu einer viel zu unkritischen Haltung gegenüber jenen, die sich als Trainer, Betreuer oder Funktionäre deviant verhalten, eben weil sie für die gewünschten sportlichen Erfolge verantwortlich zeichnen. Viel zu oft würden angesichts des Erfolgs die Schattenseiten des Leistungssports ausgeblendet, würden Betroffene und Opfer dieser negativen Seiten marginalisiert und vergessen. Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs kommt in einer Mitteilung zum Ende September 2022 vorgelegten Abschlussbericht zu dem Schluss: "Gerade die positive Erzählung des Sports macht es Betroffenen schwer, für ihr im Sport erfahrenes Unrecht und Leid Aufmerksamkeit und Hilfe zu erhalten."

"Es gibt nichts Gutes, außer:  Man tut es" (Erich Kästner)

Wer also gesunden, wer körperlich, psychisch und sozial nachhaltigen Sport anstrebt, der muss aktiv, gezielt und bewusst etwas dafür tun. Dies beginnt damit, dass sich ein verantwortungsbewusster Sport auch der möglichen problematischen Nebenfolgen des eigenen Handelns bewusst wird und dass er daraus die notwendigen Schlüsse zieht.

Prävention als Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg

Der Schlüssel zu einem nachhaltigen, gesundheitsverträglichen und ethisch vertretbaren Sport heißt: Prävention. Der USC Mainz hat sich die Vereinbarkeit von Leistungsorientierung  auf der einen und einem wertebasierten, den einzelnen Athlet*innen sowie der Gesellschaft gegenüber verantwortlichen Sporttreiben auf der anderen Seite auf seine Fahnen geschrieben. Um diesem Anspruch in Zukunft noch besser gerecht zu werden, hat der Universitäts-Sportclub Mainz mit dem Neustart nach dem Höhepunkt der Coronakrise ein langfristig angelegtes, wissenschaftlich fundiertes Präventionskonzept entwickelt und hierfür erste konkrete Maßnahmen auf den Weg gebracht.

  • So wurde am 12. September 2022 mit ca. 20 jungen Athletinnen und Athleten ein Seminar zum Thema Nahrungsergänzungsmittel (NEM) durchgeführt
  • Am 15. Oktober 2022 findet eine Veranstaltung zum Jugendschutz statt, veranstaltet von unserer Abteilung Ski
  • Für November 2022 ist in Kooperation mit dem Olympiastützpunkt RLP-Saarland eine Praxisveranstaltung zum Thema gesunde Ernährung geplant, bei der Jugendliche lernen, gesund und ausgewogen zu kochen
  • Peer-Prävention: In Kooperation mit der Deutschen Sportjugend und deren Aktion „Sport ohne Doping“ will der Verein periodisch Anti-Doping-Maßnahmen nach dem Konzept der Peer-Prävention, durchgeführt von Junior-Botschafter*innen, etablieren
  • Peer-Writing: Jugendliche und junge Athlet*innen werden im Sinne des Empowerment-Konzeptes (empowerment = Selbstverantwortlichkeit, Selbstbestimmung) verstärkt als Junior-Reporter*innen eingesetzt, die die Website des USC Mainz mit interessanten Beiträgen und eigenen Gedanken bereichern
  • Peer-Coaching: Jugendlichen werden mit identischer Zielsetzung des Empowerments beim USC Mainz vermehrt Betreuungsaufgaben übertragen (Aufwärmen, Wettkampfbetreuung von Trainingskamerad*innen, Leitung von Übungsstunden von Schüler*innen/Jugendlichen durch etwas ältere Sportler*innen)
  • Präventionsmaßnahmen sollen künftig, wann immer dies möglich ist, in die Rahmenprogramme bei Trainingslagern unserer jungen Athletinnen und Athleten integriert werden

Prävention im Verein – wissenschaftlich fundiert

Die komplexen, vielfältigen Maßnahmen zur Prävention sind wissenschaftlich fundiert. Sie orientieren sich an den Vorgaben von wichtigen Institutionen wie der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO). Im Vordergrund steht die Entwicklung und Förderung von Schutzfaktoren. Sie sollen die Wahrscheinlichkeit des Auftritts von körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen bzw. unerwünschten Verhaltensweisen minimieren, indem sie zur Entwicklung von Ressourcen und Kompetenzen beitragen.

Die WHO benennt hierzu ein Bündel an so genannten Lebenskompetenzen (engl.: life skills), die im Rahmen einer gesundheitsorientierten, mit positiven Botschaften ausgestatteten Präventionsstrategie gefördert werden sollen (z.B. Entscheidungsfertigkeit, Problemlösefertigkeit, kreatives und kritisches Denken, Kommunikationsfertigkeit, Empathie, Emotions- und Stressbewältigung). Ein Schlüsselbegriff der Präventionslehre lautet Selbstwirksamkeit (engl. self efficacy) bzw. Selbstwirksamkeitserwartung. Darunter versteht man "die Überzeugung eines Menschen, ein bestimmtes Verhalten auch tatsächlich ausführen und dabei auftretende Hindernisse oder Schwierigkeiten überwinden zu können", so der Gesundheitssoziologe Klaus Hurrelmann.

Maßnahmen einer modernen, wissenschaftlich fundierten Prävention sollten so beschaffen sein, dass sie die Kompetenzen von jungen Menschen auf eine Weise fördern, „dass eine angemessene Auseinandersetzung mit den Anforderungen der sozialen Umwelt möglich ist“, wie Hurrelmann schreibt. Andererseits seien die Verhältnisse, in denen sich junge Menschen bewegen, so zu gestalten, „dass sie für eine Person mit den ihr zur Verfügung stehenden Kompetenzen auch tatsächlich bewältigbar sind“.

Hoher Eigeneinsatz des Vereins, aber: Förderung dringend erwünscht!

Für die Etablierung, Umsetzung und Verstetigung des Konzeptes zur Prävention bringt der USC Mainz in hohem Umfang bereits eigene Mittel auf. So wurde mit dem Autor dieses Konzeptes ein Präventionsexperte als Geschäftsführer eingestellt, der über langjährige Erfahrung in der Präventionsarbeit und ihrer theoretischen Fundierung verfügt. Zudem profitiert der Verein hier vom hohen Engagement seiner Ehrenamtlichen, die das Projekt unterstützen und mit Leben füllen. Und nicht zuletzt lebt das Projekt von der Bereitschaft der Sportler*innen, die angebotenen Maßnahmen anzunehmen und sie im Sinne des von der modernen Präventionslehre geforderten Primats der Interaktion produktiv in eigenes Denken, Handeln und Entscheiden zu überführen.

Gleichwohl wird finanzielle Förderung zur optimalen Etablierung des Projektes zur „Vereinbarkeit von Leistungssport und Gesundheit durch Prävention“ und zur angestrebten Verstetigung des Konzepts in unserem Verein u.a. für die folgenden Kostenfaktoren dringend benötigt:

  • Kosten für Konzepterstellung
  • Kosten für Neugestaltung der Vereins-Website
  • Honorare und Fahrtkosten für Referenten
  • Miete für Räumlichkeiten, die für Veranstaltungen benötigt werden, Verpflegung etc.
  • Reise- und Teilnahmekosten für den Besuch von Vereinsbeauftragten von Tagungen und Präventionsveranstaltungen
  • Bezuschussungen von Präventionsexperten für den Besuch von Trainingslagern
  • Entwicklung von eigenen Präventionsmaterialien
  • wissenschaftliche Evaluierung von Maßnahmen

Konzept: Dr. phil. Andreas Singler (Geschäftsführer USC Mainz e.V.)

Fassung vom 30. September 2022

*Comeback der Bewegung in Rheinland-Pfalz

"Comeback der Bewegung" beim USC Mainz - Dokumentation zum Download und als Galerie