Sporttreiben nach infektiösen Erkrankungen: Gefahr der Herzmuskelentzündung

Vor Sport bei Infektionskrankheiten wird seit langem eindringlich gewarnt. Angesichts der derzeitigen Erkrankungswelle ist das Thema "Return to Sports" nach Infekten von besonderer Bedeutung

Mainz, 19. Dezember 2022: Vor Sport bei Infektionskrankheiten wird seit langem eindringlich gewarnt. Herzmuskelentzündungen, die nicht selten sogar tödlich verlaufen (plötzlicher Herztod) drohen bei Fortführung der sportlichen Aktivität oder bei zu früher Rückkehr ins leistungssportliche Training. Als wichtigste Faustregel für das „Return to Sports“ nennt der Mainzer Sportmediziner Perikles Simon (Foto) unter Verweis auf internationale Expertenmeinungen: „Sieben Tage Fieberfreiheit, fünf Tage Beschwerdefreiheit vor dem Zurück zur vollen Ausbelastung.“

Sportler*innen wollen nach Erkrankungen so schnell wie möglich wieder ins Training einsteigen. Sie wollen Leistungseinschränkungen durch längere Trainingspausen vermeiden. Das ist verständlich, aber häufig ist genau das falsch, kontraproduktiv und sogar gefährlich. Bei viralen Erkrankungen, wie sie sich insbesondere in den Wintermonaten häufen, besteht nämlich bei zu früher Rückkehr zum intensiven Training das Risiko, eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) zu entwickeln. Diese verläuft insbesondere bei Sportlerinnen und Sportlern, die intensives Ausdauer- und Schnelligkeitsausdauer-Training absolvieren, in vielen Fällen sehr ernsthaft und macht teils mehrmonatige vollständige Trainingspausen erforderlich. Nicht selten verläuft die Erkrankung sogar tödlich (plötzlicher Herztod).

Schon in normalen Zeiten stellt dieses Risiko der Ausbildung einer durch intensiven Sport verursachten oder begünstigten Herzmuskelentzündung bei Infektgeschehen ein Thema dar, vor dem Gesundheitsexpert*innen regelmäßig und eindringlich warnen. Sehr häufig leider vergeblich. Nicht wenige Sportler*innen trainieren trotz Erkältungserkrankungen weiter oder kehren viel zu früh zurück ins normale Training.

Die Coronakrise hat diese Problematiken noch einmal deutlich verschärft. Und jetzt, da viele junge Menschen nach mehr als zwei Jahren des Tragens von Masken und häufigeren Isolationszeiten „nach Corona“ nur über ein unzureichend ausgebildetes Immunsystem verfügen, trifft sie eine beispiellose Welle von Infektionserkrankungen und anderen Erkrankungen, die Sportpausen zwingend machen. So sind viele unserer Trainingsgruppen beim USC Mainz seit Wochen permanent eklatant dezimiert. Die Wiedereingliederung von genesenen Sportlerinnen und Sportlern stellt an eine verantwortungsbewusste Betreuung im Verein derzeit so hohe Anforderungen wie nie zuvor. 

Unsere Trainerinnen und Trainer gehen mit größter Behutsamkeit mit diesem Thema um. „Wer krank ist, trainiert nicht“, so lautet eine zentrale Losung im Verein – eine absolute Selbstverständlichkeit! Wir lassen darüber hinaus gerade genesene Athlet*innen auch nicht wieder sofort zurück ins Training oder gar in einen intensiven leistungssportlichen Regelbetrieb, sondern wir halten vorsichtshalber darüber hinausgehende, längere Trainingspausen ein. Und nach Rückkehr ins Training beginnen wir zunächst mit behutsamem Wiederaufbau und einer schrittweisen Reintegration unserer Schutzbefohlenen. Dafür sind wir jedoch darauf angewiesen, dass Eltern und Sportler*innen uns auf das Vorliegen solcher Erkrankungen auch hinweisen.

Professor Dr. Dr. Perikles Simon, Leiter der Abteilung Sportmedizin am Institut für Sportwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, erläutert, was eine internationale Expertengruppe (Walsh et al. 2011; siehe Hintergrundliteratur) dazu erarbeitet hat: „Sieben Tage Fieberfreiheit, fünf Tage Beschwerdefreiheit vor dem Zurück zur vollen Ausbelastung – das ist der wichtigste Merksatz. Dieser gilt mit folgenden zwei Einschränkungen. Es dürfen keine ungewohnten Reaktionen auf das Training auftreten und bei einer EBV-Infektion (EBV = Epstein-Barr-Virus; bei Jugendlichen häufig) sollte nach einer Woche Fieberfreiheit erst mit leichtem Training begonnen werden.“

Außerdem empfiehlt die Expertengruppe um Walsh und Kolleg*innen: „Nehmen Sie für den Wiedereinstieg in das normale Training die gleiche Anzahl von Tagen in Anspruch, die das Training aufgrund von Krankheit unterbrochen wurde.“ Allerdings bedeutet das nach Gesundung nicht, dass bis zur Rückkehr zur Vollbelastung überhaupt kein Training stattfinden kann. Leichteres Üben in Form von Kräftigung, Beweglichkeitsübungen oder Techniktraining sind auf dem Weg zurück zur vollen Belastung zweifellos sinnvolle und gesundheitsverträgliche Elemente für einen aktiven Übergang – vorausgesetzt, dass Arzt oder Ärztin dem zustimmen. (Text: A.S.)

Hintergrundliteratur:

Walsh, N. P., Gleeson, M., Shephard, R. J., Gleeson, M., Woods, J. A., Bishop, N., ... & Simon, P. (2011). “Position statement part one: immune function and exercise." Zugriff unter: http://eir-isei.de/2011/EIR_17_2011.pdf#page=4 (S. 87 ff.).

Links zum Thema Herzmuskelentzündungen nach Sport bei Infektionsgeschehen:

https://www.volksbank-muenster-marathon.de/_data/42Tipps-Tipp-3-HerzundAtemwegsinfekte.pdf

https://www.herzstiftung.de/sites/default/files/media/KS29-Myokarditis-2016/KS29-Myokarditis-2016.pdf

https://www.runnersworld.de/verletzungen-vorbeugung/herzmuskelentzuendung/

https://www.kardiologie.org/herz-und-sport/covid-19/nach-khk--herzinsuffizienz--myokarditis-und-covid---wann-sport-w/18861310

 

Ein Beitrag zu unserer Aktion "Comeback der Bewegung - mit Prävention und Gesundheitsbildung"

SWR berichtet über USC-Gesundheits-Infobrief

Der Südwestrunfunk Mainz hat in seinem Radioprogramm SWR 1 den auch als Infobrief an die Mitglieder versendeten Beitrag zur Gesundheitsbildung in seiner Berichterstattung vom 22. Dezember 2022 aufgegriffen. "USC Mainz warnt vor zu schnellem Trainingseinstieg nach Infekt", so war der Beitrag überschrieben.